Mittwoch, 28. November 2007
Sicherheit vs. Freiheit
Jeden Monat 420 Euro bekommen. Nichts dafür tun. Nein, das ist nicht der HartzIV-Empfänger von Nebenan. Der bekommt nämlich nur 347 Euro.
Ich meine die Idee des "Bedingungslosen Grundeinkommens", das die Grünen eben verworfen haben (zugunsten einer Variante, die mehr Wählerstimmen bringt).

Eine spannende Perspektive für die Zukunft, denn wir werden nie wieder Vollbeschäftigung haben. Zum einen gibt das das zu erwartende Wirtschaftswachstum nicht her, zum anderen steigt der Automatisierungsgrad stetig. Keine der großen Parteien hat es in den letzten Jahren geschafft, die Arbeitslosigkeit signifikant zu senken. Gut, wir sind inzwischen bei 8,7% angekommen. Ich wage aber zu behaupten, dass sich sowohl die Roten als auch die Schwarzen hier nur bedingt auf die Schulter klopfen können und diese Zahl wieder steigen wird. Ach ich schweife ab.

Ein Grundeinkommen durch massive Vereinfachung des Steuersystems und das in der Tat bedingungslos gezahlt wird, wäre aber schon ein Fortschritt zur entwürdigenden HartzIV-Prozedur und würde die sozialen Spannungen etwas abmildern. Finanziell möglich ist es theoretisch ,allerdings mit hohen Einbußen bei den staatlichen Sozialleistungen. Aber vor allem: spielt die Mehrheit auch mit? Arbeitet der Mensch tatsächlich, wenn er nicht muss? Ist er nicht vielmehr zu faul? Sind ein höherer Lebensstandard oder Erfolg oder Selbstverwirklichung Anreiz genug?

Mein spontanes "Nein" überrascht mich, ich überdenke das nochmal...

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Ihr spontanes "nein" überrascht mich nicht, denn wir sind seid jahrtausenden gewohnt aus zwang heraus zu arbeiten weil wir geld brauchen und nicht aus, ich sags mal ganz offen, liebe zur arbeit. arbeit jetzt auch verstanden als selbstverwirklichung. andererseits ist das was tun nur sinnvoll wenn wir etwas tun, was der andere braucht. wenn keiner vw will dann braucht man keine vw-arbeiter. und wenn alle ihre fenster selber putzen dann brauchts keinen fensterputzer mehr. also wir müßten bei dem grundeinkommen etwas neues lernen was wir noch nicht können. aus freiheit entschliessen, den wert der arbeit für ein richtiges menschsein( au weia) erkennen und realisieren, dass man arbeit nicht bezahlen kann. also das ganze ist zum scheitern verurteilt weil es neu ist und wir üben müssten. und die erwachsenen müssten den kindern vorleben, dass arbeiten der einzige lebenssinn ist.
verstehen Sie das?

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Ja, das verstehe ich schon. Ganz so radikal würde ich das aber nicht sehen. Der Umstieg auf ein Grundeinkommen würde ja nicht von heute auf morgen kommen. Es bliebe also genug Zeit zur Umgewöhnung und Umerziehung und zum Umdenken in der Wirtschaft (attraktivere Arbeitsplätze, Mitarbeiterführung etc.).
Ich suche eigentlich nach Gründen für ein JA. Pragmatikerin, die ich bin, lande ich aber angesichts der praktischen Umsetzung immer wieder beim Nein. Derzeit sehe ich kein besseres Modell, das das Problem Verteilung von Arbeit und der knappen Rentenkassen lösen würde.

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ha ha! praktikerin! als praktischer mensch kann ich nur sagen: die arbeit eines menschen ist unbezahlbar! arbeit ist. die muss man nicht verteilen. und die knappe rentenkasse wird erst voller wenn sie ihren wert bekommt. ohne den einzelnen menschen geht es nicht.

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Wenn jede Arbeit angemessen bezahlt würde, woher soll das Geld kommen? Also muss wohl doch das vorhandene Geld besser verteilt werden. Und dann muss der Wert von Arbeit doch wieder bemessen werden. Und ist nicht jeder ersetzbar?

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ob jeder ersetzbar ist hängt von dem jeweiligen menschenbild ab, welches man mit sich spazieren trägt. also auch von den eigenen werten. zur zeit erleben wir es, dass jeder ersetzbar ist. so wie alles was nicht wirklich zählt oder nicht wirklich wertvoll ist.
das geld wird auch bei einem grundeinkommen für alle nur von denen kommen können die es haben. das heißt: wenn ich etwas tun will und brauche dafür geld dann müssen diejenigen, für die ich diese arbeit tue, geld geben, damit ich diese arbeit tun kann. ich brauche das geld um die arbeit tun zu können. ich arbeite nicht um geld zu verdienen.
ich finde das schwierig zu denken. aber es geht.

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Ich würde arbeiten, schon allein wegen der, von Ihnen beschriebenen, Gründe.

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Nein, ganz klar...
für meine Arbeit wurde/werde ich anständig bezahlt. Seit über 20 Jahren arbeite ich nur zwischen 50/60% in Teilzeit. Ich verzichte damit auf eine (in der Zukunft liegende) die Grundkosten deckende Rente. Sollte ich alt werden, werde ich auch arm alt. Das Risiko nahm/nehme ich gerne in Kauf. Wenn ich an den Gewinn (Lebensqualität mit Hobbies) der letzten 20 Jahre denke,
hat das alte Sprichwort wieder seinen Reiz. Zeit ist Geld. Diese Zeit hätte mir niemand bezahlen können. Zeit zu haben ist der wahre Reichtum.
Auch werde ich selten in Mobbing oder andere Machtkämpfe in der Firma verwickelt. Ganz einfach deshalb, weil mich niemand als Bedrohung für seine Position oder seine Pläne wahrnimmt. Ich habe also auch bei der Arbeit relativ meine Ruhe, bin entsprechend locker.
Jetzt kommt es halt doch ziemlich dicke. Ich kann die Chose natürlich nur durch ziehen weil ich unverheiratet bin und keine Unterhaltszahlungen leisten muss. Mein Lebensstandard ist vergleichsweise bescheiden (Fiat Punto, 2-Zimmermietwohnung, selten Ferien im Ausland, 1-2 Mahlzeiten täglich selber zubereiten, keine Markenklamotten und Schuhe, Aktionen beim täglichen Bedarf berücksichtigen).
Unter diesen Umständen macht mir das Arbeiten (viel) Spass, aber volle Pulle 100 oder mehr %, da wäre ich dann doch eben zu faul. Und ein Jo Ackermann wollte ich ja eh nie werden.;o))

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Beachtlich, das so durchzuziehen. Vor allem mit so wenig Angst vor der Zukunft. Ich denke ja jetzt schon über meine Rente nach und habe mich aus Geldgier und Karrieregründen bewusst gegen einen 20h-Job entschieden.
Ich wünsche mir schon auch mehr Freizeit, gleichzeitig ist dann da doch der Ehrgeiz. Und die Erziehung. Die Worte "Kind, such dir einen vernünftigen Job, von dem du gut leben kannst." haben sich tief in die Wertvorstellungen eingegraben. Und die Erfolgserlebnisse und das, was ich lerne, machen die fehlende Freizeit dann doch wieder wett. Bis auf weiteres.

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