Freitag, 4. Juli 2008
Prokrastination
Ich werde mir ein Buch vorbestellen. Es geht darin nicht um irgendwelche Krebsarten, Kastration oder absonderliche Sexpraktiken. Das schöne Wort Prokrastination bedeutet Aufschieberitis. Gelegentliches Fallenlassen bei gesellschaftlichen Zusammenkünften wie Partys oder Firmenfeiern garantiert eine Aura leicht arroganter Intellektualität.

Jedenfalls kennt das Problem wohl jeder in mehr oder minder schwerer Ausprägung. Mittlerweile habe ich das ganz gut im Griff, die Diplomarbeit liegt lange hinter mir. Da war ich auf dem Höhepunkt und meine Wohnung noch nie so sauber.

Momentan habe ich recht viel Freizeit, die genutzt sein will. Man mag es kaum glauben, aber ein Mehr an Zeit ist nicht gleichbedeutende mit Mehr Erledigen. Ich könnte mir diverse Bescheinigungen der Zweituni abholen. Oder mich im Netz rumtreiben. Ich könnte eine Steuererklärung machen. Oder mich auf den Balkon setzen. Uswusf.
Ich bin die Tagesorganisation nicht mehr gewöhnt. Die Studententage sind schon ein bisschen her. Stattdessen beschäftige ich mich mit so vielen Dingen, dass ich am Ende des Tages nicht mehr weiß, was ich getan habe.

Aber zurück zum Buch: Da wäre der klassische Ratgeber und Heilsversprecher, nur hat Selbstbetrug bei mir noch nie so richtig funktioniert. Also sehe ich den Tatsachen und Gewissensbissen ins Auge. Ich habe beschlossen, erstmal nichts zu tun und das Genießen des Nichtstuns zu üben. Wenn ich das geschafft habe, mache ich eines der Dinge auf meiner ToDo-Liste. Z.B. das Buch von Kathrin Passig und Sascha Lobo bestellen (bei beiden bin ich immer noch unentschlossen, ob ich sie bewundern soll, weil sie so ganz ihr eigenes Ding durchziehen oder ablegen soll unter "Denn sie wissen nicht wie sie ihr Leben auf die Reihe kriegen"). Jedenfalls verspricht der Titel "Dinge geregelt kriegen - ohne einen Funken Selbstdisziplin" viel Spaß. Erscheint - so die Autoren den Abgabetermin schaffen - im Oktober.

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Sonntag, 29. Juni 2008
Das Mädchen mit den Mandelaugen
Sie seufzt, sie stöhnt, sie schnauft, sie schreit. Man würde es nicht vermuten. Noch eine halbe Stunde vorher fiel sie gar nicht auf, klein, zierlich und flachbrüstig. Sie schlängelt sich durchs Publikum und ist nervös. Mein Begleiter weist mich darauf hin, dass sie es ist, die gleich auf der Bühne stehen wird. Und dann steht sie da, im Scheinwerferlicht. Das Tier bricht aus ihr hervor und sie überschüttet das Publikum mit Energie. Ich kann nicht anders, als mich mitreißen zu lassen und meine sexuelle Orientierung in Frage zu stellen.

Es ist ihre Record Release Party. Nach vergeblicher Suche nach einem Label gründet sie kurzerhand ein eigenes. Seit einer Woche nun ist ihr Album auf dem Markt und sogar beim Online-Buchhändler unseres Vertrauens gelistet.

Feiner, deutscher Pop. Die Kindfrau, die elektrisiert und nicht in Rollenmuster passt. Ihre Stimme hat Grenzen, aber das macht nichts. Die kennt sie und macht das mit Leidenschaft wett. Wer kann, muss sie live sehen, unbedingt. Wer nicht kann, klickt hier.

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